«Tunnel wäre sicher nicht günstiger»
Die Tunneldiskussion verstummt in Teufen nicht.Thomas Baumgartner, Direktor der Appenzeller Bahnen, betont in einem Interview gegenüber der Appenzeller Zeitung, dass ein Kurztunnel nicht günstiger zu stehen käme, als eine Doppelspur.
Anfang April 2019 gaben die Appenzeller Bahnen (AB), der Kanton und die Gemeinde bekannt, dass sie mit weiteren Mehrkosten für die Realisierung der Doppelspur durch Teufen rechnen. Aus diesem Grund werden momentan die Kostenschätzungen nochmals penibel beleuchtet. Die Resultate dieser Standortbestimmung sollen im September der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Trotz dreimaligem Scheitern an der Urne: Im Zuge der Standortbestimmung ist in der Bevölkerung die Diskussion um einen Tunnelbau anstelle der Doppelspur erneut entflammt. In einem Interview mit der Appenzeller Zeitung nimmt AB-Direktor Thomas Baumgartner Stellung zur aktuellen Tunneldebatte.
An der Bürgerversammlung Ende April in Teufen war ein möglicher Tunnel das vorherrschende Thema. Selbst Gemeindepräsident Reto Altherr sagte, dass man aktuell keine Lösung ausschliessen wolle. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Thomas Baumgartner: Die Tunneldiskussion scheint in Teufen wohl nie ganz zu verstummen. Die AB und der Kanton verfolgen nach den jüngsten beiden ablehnenden Volksabstimmungen um eine Kostenbeteiligung an einen Tunnel weiter die Doppelspur.
Scheint, als würden Sie der Diskussion nicht allzu viel Gewicht beimessen.
Nein, aber man muss die Mechanismen von Bahnprojekten und die Verantwortlichkeiten in den Entscheidungsprozessen berücksichtigen. Bahnprojekte durchlaufen andere Bewilligungsverfahren und müssen das Fahrplanangebot ermöglichen, das der Bund und die Kantone als Hauptaktionäre der Appenzeller Bahnen bestellen. Unser aller Mobilitätsbedürfnis wächst ständig und hier hat die Doppelspur deutliche Vorteile gegenüber dem einspurigen Tunnel.
Derzeit werden Unterschriften gesammelt, um die Realisierung aller Varianten, inklusive der Tunnellösung, erneut zu prüfen. Hat Sie die Petition überrascht?
Überrascht ist der falsche Ausdruck. Ich fände es für Teufen aber schade, wenn im Dorfzentrum in den nächsten, sagen wir mal zehn Jahren, einfach nichts geschieht und die heutige, unbefriedigende Situation bleibt. Der Bahnhof muss in jedem Fall umgebaut werden, sonst erfüllen wir die Vorgaben aus dem Behindertengleichstellungsgesetz nicht und können das von den Kantonen bestellte Fahrplanangebot nicht wirtschaftlich und betriebssicher umsetzen. Zudem müssten wir in der Zwischenzeit dringend die Bahnübergänge im Dorf sichern. Wer will denn eine Schrankenanlage bei der Schützenbergstrasse? Ich kenne niemanden.
In puncto Sicherheit wäre der Tunnel aber die bessere Lösung.
Beide Lösungen haben Vor- und Nachteile. Die Nachteile eines Tunnels werden in meinen Augen zu wenig bedacht. Der Ersatz der Hangbrücke, die Schliessung der Trottoirlücken und die Verbesserungen für den Veloverkehr bleiben beim Tunnel zusätzliche Aufgaben, die zu lösen sind und viel Geld kosten. Und was geschieht im Raum Stofel? Der Tunnel würde dort enden. Anschliessend würde die Bahn wieder das gewohnte Trassee nutzen. Das hat gegenüber der Doppelspur massgebliche Nachteile. Für die Bahn und ihre Kundinnen und Kunden sind betriebliche Aspekte wichtig, wie etwa die Fahrplanflexibilität. Diese ist mit der Doppelspur deutlich höher.
Die Kostensteigerung bei der Doppelspur hat die Tunneldiskussion ausgelöst. Mittlerweile dürften beide Lösungen vermutlich etwa gleich teuer werden.
Das ist ein Trugschluss. Wir warten jetzt erst einmal die Ergebnisse der Standortbestimmung ab. In den Kosten ist ja nicht nur die Dorfdurchfahrt, sondern auch der Bahnhofumbau und die Neugestaltung der Bahnhofkreuzung enthalten. Die aktuellen Kostenschätzungen werden nun reflektiert. Es wurden neue Forderungen ans Projekt gestellt. Der Kanton will Retentionen für das Regenwasser, die kosten alleine 500 000 Franken. Wenn man alles differenziert betrachtet, wird zum Tunnel und einem abgesenkten Bahnhof weiterhin eine erhebliche Kostendifferenz zur Doppelspur bleiben, die es zu finanzieren gilt. Zudem muss auch beim Tunnel das Risiko von Mehrkosten gewürdigt werden.
Der Umbau des Bahnhofs beginnt im kommenden Juni. Werden diese Arbeiten den Bau der Doppelspur präjudizieren?
Die Gleisanlage ist so konzipiert, dass sie später auf die Doppelspur passt. Aber jetzt muss sie die heutige Einspurlinie übernehmen. Wir brauchen deshalb einen dreigleisigen Bahnhof. Die Perronanlage muss für den niveaufreien Ein- und Ausstieg erhöht werden. Das dient im Übrigen allen Reisenden, nicht nur Personen mit einem Handicap. Und die Teufner Bevölkerung will sicher ein Dach auf dem Mittelperron und nicht jahrelang im Regen stehen.
Interview: Appenzeller Zeitung, Astrid Zysset