Mobilmacher von Immobilien
Die Iten AG hat sich auf Hausverschiebungen aller Art spezialisiert.
Wenn auch keine Berge so doch Häuser vermag Rolf Iten mit seinem Team zu versetzen: Die Iten AG aus Morgarten hat sich auf Hausverschiebungen spezialisiert. Der Inhaber Rolf Iten erzählt im Interview, wie so eine Hausverschiebung abläuft - ähnlich wie sie beim Projekt Ortsdurchfahrt für zwei Häuser in Teufen vorgesehen ist.
Monatelange Vorbereitung
Dass Immobilien – zumindest temporär - mobil gemacht werden können, übersteigt so manche Vorstellungskraft. Für die Spezialisten der Iten AG aus Morgarten ist dies Daily Business – auch wenn für jede Hausverschiebung individuelle Vorkehrungen getroffen werden müssen. Das Unternehmen plant und führt jährlich bis zu vier Hausverschiebungen durch. So war das 20-köpfige Team rund um Rolf Iten beispielsweise 2017 für die Verschiebung der Villa Jacob in St. Gallen verantwortlich (vgl. Bild). Damals galt es, das 3600 Tonnen schwere Gebäude 20 Meter gen Süden, zwei Meter tiefer und zwei Meter weiter westlich zu platzieren. Dagegen scheint die geplante Verschiebung des Hauses Dorf 18 in Teufen um rund zwei Meter und Anhebung um 60cm ein Klacks zu sein. Rolf Iten relativiert: «Jedes Projekt hat seine Besonderheiten, die es zu berücksichtigen gilt. So ist eine geringere Verschiebedistanz nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit weniger Aufwand.» Es sei beispielsweise einfacher, eine komplett neue Bodenplatte neben dem alten Standort zu errichten, als Teile des Untergeschosses leicht versetzt unter dem bestehenden Gebäude vorzubereiten.
Denkmalschutz oder emotionale Bindung
In welchen Fällen lohnt sich überhaupt der Aufwand einer Verschiebung? «Zum einen sind es oftmals Gebäude, denen in Sachen Ortsbild- oder Denkmalschutz eine hohe Bedeutung zugemessen wird. Die andere Motivation ist ein starker emotionaler Bezug der Besitzer, die eine Verschiebung einem Rückbau vorziehen», weiss Iten.
Wie eine Crémeschnitte
Den Vorgang einer Verschiebung vergleicht Rolf Iten mit dem Bild einer Crémeschnitte: «Wir schneiden die unterste Schicht ab und ersetzen sie mit einem neuen Stahlbetonträger. Dann schneidet man eine zweite Schicht heraus, in welche die eigentliche Verschubkonstruktion gebaut wird.» So werde das Haus wie auf einem Teller geschoben, welcher seinerseits mittels Schienen und hydraulischen Pressen verschoben werde. Der Druck der dabei aufgebaut wird beträgt rund 300 Bar – damit könnte eine Wassersäule 3000 Meter hoch in die Luft gepresst werden.
Stets bewohnbar
Killerkriterien, die eine Hausverschiebung verunmöglichen, hat Iten bis dato noch bei keinem seiner Projekte angetroffen. «Egal wie steil das Gelände, wie gross der Versetzungswinkel oder die Höhendifferenz ist – grundsätzlich ist mit unserer Technik alles möglich.» Diese Aussage unterstreicht Iten mit den Eckdaten seines bisher grössten Unterfangens: 2012 versetzte das Unternehmen das alte Direktionsgebäude der Maschinenfabrik Oerlikon – mit 80 Metern Länge und 6200 Tonnen Gewicht das grösste Gebäude in Europa, das bisher verschoben wurde. Dieses Projekt bedingte eine Vorbereitungszeit von zehn Monaten. Für die beiden Häuser in Teufen ( Dorf 18 und Hauptstrasse 5) dürfte laut einer groben Schätzung des Spezialisten eine Vorbereitungsphase von je vier bis sechs Monaten ausreichen. Während dieser Zeit wäre das Haus stets bewohnbar. «Bei Hausverschiebungen muss lediglich das Untergeschoss geräumt werden», hält Rolf Iten fest. Sein Team hat es sich bei früheren Projekten zum Sport gemacht, im Haus ein randvolles Weinglas aufzustellen. Wenn während der Verschiebung nichts davon verschüttet wird, hatte die Bauherrschaft einen Wetteinsatz einzulösen.
Strassenengpass entschärfen
Rolf Iten leitete das Familienunternehmen in zweiter Generation bis Frühling 2019. Seither hält Kurt Brühlhart die Geschäftsleitung inne und wird dabei von Rolf Iten als Ingenieur in technischen Belangen unterstützt. «Zwischen 1953 bis zu seinem Tod 1993 hat mein Vater etwa 300 Verschiebungen durchgeführt», erzählt Iten. Die stattliche Zahl kam nicht zuletzt deshalb zustande, weil zu dieser Zeit zahlreiche Nationalstrassen neu gebaut wurden und dadurch Häuser weichen mussten. «Aktuell bereiten wir eine Hausverschiebung in Mulegns bei Savognin vor. Ähnlich wie es in Teufen geplant ist, soll dort mit einer Gebäudeverschiebung ein Strassenengpass entschärft werden», erzählt Rolf Iten.
Umzug eines Mausoleums
Während die beiden Hausverschiebungen in Teufen fast schon Routinearbeit für Rolf Iten und sein Team wäre, erhält er ab und an auch höchst ungewöhnliche Anfragen wie diejenige vor sechs Jahren aus der Türkei: Es galt zugunsten eines Staudamms ein 13 Meter hohes Mausoleum um 1400 Meter zu verschieben. Auch wenn aus diesem Spezialauftrag nichts wurde, geht der Iten AG die Arbeit nicht aus. Neben Hausverschiebungen zählen technisch anspruchsvolle Umbauten, das Ausrichten von Gebäuden sowie Hebetechnik zum Portfolio des Unternehmens.
Interview: Rosalie Manser
Bilder: zVg Iten AG